Entwerfen Linear Circularity

Durchquert von übergeordneten radialen Strukturen (Ausfallsstraßen, Schienen- und Leitungsstränge, etc.) ist der Wiener Süden charakterisiert durch heterogene Siedlungsmuster und gewerblich geprägte Gebäudestrukturen. Für die Gesamtstadt bedeutende Groß-Infrastrukturen, wie beispielsweise der hier situierte Lebensmittel-Großmarkt bestimmen dabei wesentlich die Metabolismus-Ströme der Stadt: Im per se fragmentierten räumlichen System nehmen sie großräumig Einfluss auf städtebauliche Funktionsabläufe und Verkehr. Gleichzeitig finden sich mit dem abschnittsweise „renaturierten“ Liesingbach, mit landwirtschaftlich geprägten Flächen oder postindustriellen Konversionslandschaften (alte Ziegeleien etc.) auch Beispiele für qualitativ hochwertige Grün-, Frei- und Landschaftsräume. Nicht zuletzt wird mit dem Stadtentwicklungsgebiet Rothneusiedl in näherer Zukunft ein den Großraum Wien maßgeblich verändernder urbaner Pol am Stadtrand entstehen.

In unserer Entwurfsübung soll für dieses komplexe Gefüge um die südliche Wiener Stadtgrenze eine langfristige Entwicklungsperspektive skizziert werden, in der es darum geht, die unterschiedlichen Fragmente tangential entlang des Liesingtals zu verweben und eine neue identitätsstiftende Urbanität zu entwickeln. Nach einer intensiven Analysephase zu Beginn, werden zwei Fokuspunkte gesetzt: Einerseits sollen auf Basis eines morphologischen Zuganges stadtstrukturelle Systeme identifiziert und untersucht werden, um den Bestand zu verstehen und weiterzuentwickeln und neue räumliche Strukturen (Straßennetzwerke, Gebäudetypologien, städtebauliche Akzente) bestmöglich zu integrieren. Andererseits sollen auf programmatischer Ebene aktive Stadtquartiere unter den Schwerpunkten „Circularity“ und „Stadt der kurzen Wege“ (auch: 15-Minute-City) entwickelt werden. Ein wesentliches Merkmal des Entwerfens wir dabei das Arbeiten in unterschiedlichen Maßstabsebenen sein, von Quartiersebene bis hin zu großmaßstäblichen Betrachtungen, die auch über die Stadtgrenzen hinaus gehen können/sollen.

Inhaltlich wird uns dabei folgender Fragenkreis begleiten: Wo und wie können lokale, kreislaufbezogene Nachbarschaften und Stadtteile entstehen? Auf welche Art können Wohn- und Gewerbeeinheiten voneinander (energetisch, stadträumlich, sozial etc.) profitieren? Wie lassen sich die Prinzipien der 15-Minuten-Stadt bzw. der Stadt der kurzen Wege verankern, welche erfahrungsgemäß auch kleinmaßstäbliche Kreisläufe zwischen Bewohner*innen fördern und Hand in Hand mit der Idee der urbanen Mischung gehen? Und letztendlich: Welche Rolle können bestehende Strukturen wie die linearen Dorfstrukturen oder Infrastrukturen in solch einem neuen System bzw. Netzwerk spielen?

Diese Lehrveranstaltung ist als forschungsbezogene Lehre konzipiert. Teile der Analyse der Studierenden sollen für weitere Forschungsprozesse verarbeitet werden. Neben der Kooperation zum unten genannten Forschungsprojekt steht das Entwerfen in Verbindung mit dem Wahlseminar: Linearität & Patchwork: Dorfstrukturen im Wiener Süden (die beiden Lehrveranstaltungen können unabhängig voneinander besucht werden!). Darüber hinaus kooperiert dieses Entwerfen mit der Stadtbaudirektion der Stadt Wien, DoTank Circular City Wien 2020-2030 (DTCC30). VertreterInnen des DoTanks Circular City Wien werden das Entwerfen mit Input und Feedback bereichern. Zudem ist mit Harald Frey vom Institut für Verkehrswissenschaften (TU Wien) auch ein Experte aus der Verkehrsplanung eingebunden. Gekoppelt an diese Lehrveranstaltung ist außerdem die Exkursion 260.919 Exkursion Linear Circularity.

Diese Lehrveranstaltung ist in Kooperation mit dem im Wintersemester 23/24 angelaufenen "Driving Urban Transitions" Forschungsprojekt EMC2 - The Evolutive Meshed Compact City. A pragmatic transition pathway to the 15-minute City for European metropolitan peripheries gestaltet.