Wenn das Lokal zum Lager wird
Kritische Anmerkungen zum Boom von Selfstorages im urbanen Erdgeschoß
- Autor*innen
- Herausgeber*innen
- Martina Nußbaumer
- Klaus Pichler
- Publikationsart
- Buchbeitrag
- Erscheinungsjahr
- 2019
- Publiziert in
- Download
- Bild
- © Wien Museum und Park Books AG, Zürich
Die Wiener Erdgeschoßzone erfährt derzeit eine neue Facette des Umbaus: Die Errichtung von privaten (Klein-) Garagen war gestern, heute bauen wir Lagerräume! Fassaden werden mit knalligen Farben bepinselt und vorhandene Fenster mit Werbungen verklebt, die günstige, sichere und flexibel anmietbare Lagerabteile anpreisen.
Wurden große Selfstorage-Immobilien ab den 2000er Jahren vor allem am Stadtrand und an hochfrequentierten Straßen errichtet, so entdeckt die Selfstorage-Branche in den letzten Jahren verstärkt den innerstädtischen Leerstand als Marktlücke. Anbieter wie das 2016 gegründete Unternehmen Storebox eröffnen gegenwärtig fast im Monatstakt neue Standorte in leer stehenden Erdgeschoßlokalen. Die Einrichtung von Selfstorages im Erdgeschoß verspricht Gewinne für alle Beteiligten: Anbieter_innen gewährt es eine lukrative Einnahmequelle, die noch dazu geringe Investitionen voraussetzt; potenzielle Nutzer_innen freuen sich über Lagermöglichkeiten in Wohnungsnähe und kurze Wege, da wohnungsinterne Abstellräume und brauchbare Kellerabteile in der Stadt Mangelware sind; und Immobilienbesitzer_innen laben sich am neu aufkommenden Interesse für ihren Ladenhüter „Erdgeschoßlokal“. Darüber hinaus scheint das Geschäftsmodell Selfstorage der Stadt eine kostenneutrale Lösung für eines der vordringlichsten Probleme der vergangenen zwei Jahrzehnte zu bieten: der Frage, wie man dem wachsenden Leerstand und der Unternutzung städtischer Erdgeschoßlokale begegnen kann. Dieses Problem konnten bislang auch die vielfältigen stadtplanerischen Maßnahmen, die in den letzten Jahren gesetzt wurden - von Leerstandskongressen bis hin zu Zwischennutzungsagenturen-, nicht effizient lösen.