O! Wohnen und Arbeiten 2020
nutzungsoffene, veränderbare, ökologische & schöne Baustrukturen
- Projektlaufzeit
- Januar 2011 bis Dezember 2012
- Projektleitung
- Christoph Luchsinger
- Basma Abu-Naim
- Projektteam
- Caren Ohrhallinger
- Erich Raith
- Friedrich Hauer
- Angelika Psenner
- Benni Eder
- Andre Krammer
- Forschungscall
- Die Stadt 2020
- Abschlussbericht
Die Diskrepanz zwischen den Ergebnissen der aktuellen Praxis der Stadtentwicklung, bestehend aus im Wesentlichen monofunktionalen Bebauungsstrukturen, und der historischen Stadt, deren bewährte morphologischtypologische Entwicklungsfähigkeit auf den Systemeigenschaften weitgehend nutzungsoffener Bebauungsstrukturen beruht, führt zur Formulierung der Themenstellung:
Eine qualitätsvolle gebaute Umwelt braucht Nutzungs- und Gestaltungsspielräume. Die moderne Bauproduktion denkt in klar funktionsgetrennten Kategorien - Wohnbau, Bürobau, Gewerbe ... etc. Entsprechend dieser Aufteilung wird in der Stadt räumlich konzipiert und geplant. Diese Trennung von funktionell spezialisierten Wohn-, Arbeits- und Freizeitmilieus mit aufwändigen Verkehrsystemen zieht gravierende Nachteile mit sich. Dadurch hat die Stadtentwicklung mit Schlafstädten, langen Wegen, Mangel an Nahversorgung und leblosem öffentlichem Raum zu kämpfen. Darüber hinaus entstehen Bauten, die räumlich und strukturell für vordefinierte Lebensmodelle maßgeschneidert sind. Diese Gebäude sind an veränderte Anforderungen nicht mehr ausreichend anpassungsfähig. Der typische Grundriss einer neuen Wohnung basiert auf einer normierten typologischen Lösung, die genaue Bewegungsabläufe vordefiniert. Hier das Bett, hier der Schrank, da die Kommode - perfekt zugeschnitten auf die kleine Familie der Industriegesellschaft. Inzwischen ist das Industriezeitalter vorbei, Lebens-, Familien- und Arbeitsverhältnisse haben sich verändert; Arbeitsverhältnisse sowieso. Gebaut wird in den meisten Fällen trotzdem weiter nach denselben veralteten, starren, funktionalistischen Programmen.
Die historischen Altstädte weisen hingegen immer noch die besten urbanen Qualitäten auf. Das liegt daran, dass ihre baulichen Strukturen permanent weiterentwickelt, verändert und mit angemessenem Aufwand modernisiert werden konnten. Da stellt sich die Frage, ob unsere Einfamilienhäuser, Geschosswohnbauten und Bürohäuser das auch leisten können. Angesichts einer nicht prognostizierbaren Zukunft sind unsere hoch spezialisierten Gebäude nicht für prozessuale Weiterentwicklungen geeignet. Damit tragen sie ein hohes Risiko in sich, den sich ändernden Bedürfnissen nicht entsprechen zu können und nach kurzer Lebensdauer „ausgetauscht“ werden zu müssen, was einem effizienten Ressourcenmanagement nachhaltiger Raumentwicklung widerspricht. Im Gegensatz dazu sind „strukturell offene“ Räume, die latent über funktionelle und gestalterische Reserven verfügen, am besten für lange Nutzungsperioden geeignet.
Im Hinblick auf die - gerade heute - so oft angerufene Nachhaltigkeit ist also stark zu hinterfragen, ob man sich es wirklich leisten kann, Gebäude zu bauen, die zwar technisch hochentwickelt sind, und auch gerade deswegen höhere Herstellungskosten, sowohl monetär als auch ökologisch gesehen, mit sich bringen, sich jedoch an sich verändernde Bedürfnisse der Arbeitswelt, der Mobilität, des Zusammenlebens nicht ausreichend anpassen können.
Was muss eine Stadt also können? Welche Eigenschaften müssen Gebäude haben, um den Anforderungen einer ungewissen Zukunft gerecht werden zu können? Welche Rolle spielt dabei der öffentliche Raum? Wenn man weiß, wie man bauen muss, um die Qualitäten eines entwicklungsfähigen Stadtquartieres herstellen zu können, stellt sich die Frage, ob dies im bestehenden Regelwerk von Flächenwidmung, Bauordnung, OIB, Förderrichtlinien, Mietrecht etc. umsetzbar ist. Wo sind die Hemmnisse? Was kann gelöst werden? Wo ist die aktuelle Gesetzgebung ein Hindernis? Wer sind die Zielgruppen für solche Gebäude und welchen Anreiz können Bauträger und Investoren bekommen, um etwas Zukunftsfähigeres zu bauen als gewohnt?
Um auf diese Fragen zufriedenstellende Antworten zu finden wurde ein interdisziplinäres Forschungsteam, bestehend aus Architekten, Stadtplanern und -forschern, Tragwerksplanern, Bauphysikern und Soziologen zusammengestellt, das über den Zeitraum von ca. einem Jahr in themenspezifischen Workshops, zu denen auch externe Fachleute zu Vorträgen eingeladen wurden, zusammenkam. Nach der ersten theoretischen Arbeitsphase wurden, basierend auf den Ergebnissen und Erkenntnissen, ein Regelwerk für nutzungsoffene Gebäude, die urbane Entwicklungsprozesse zulassen, entwickelt und konkrete Beispiele als Entwürfe durchgearbeitet. Parallel wurden von einzelnen Personen bzw. Teams die verschiedenen fachlichen Aspekte wie Energie, Bauökologie, Soziologie etc. erarbeitet.
- Projektpartner*innen
- Fördergeber*innen