Urbane Industrielandschaften
Zwischen Koexistenz, Unsichtbarkeit und neuen Beziehungen
- Autorin
- Betreuung
- Art der Dissertation
- Monografie
- Beginn
- Wintersemester 2022
- Bild
- © Dorothee Huber, Hamburg, 2019
Seit Beginn der Industrialisierung sind die Geschichte der Industrie und die Geschichte der Städte eng miteinander verwoben und unterliegen einem ständigen Wandel. Um zu verstehen, wie urbane Industrielandschaften unsere Städte prägen, welche Potenziale in ihnen stecken und wie mögliche Zukünfte aussehen könnten, ist es notwendig, Industrie und Stadt, ihre Vergangenheit und Gegenwart sowie ihre wechselseitige Abhängigkeit besser zu verstehen.
Städtische Industrie- und Gewerbegebiete stehen meist in enger Beziehung zu überregionalen oder globalen Territorien, weisen aber wenig bis keine Verbindungen zu ihrer unmittelbaren Umgebung auf. Sie sind in erster Linie auf Lieferketten, wirtschaftliche und technologische Anforderungen ausgerichtet, integrieren aber kaum andere (städtische) Bedürfnisse in ihre gebaute Umwelt ein. Dies führt zu räumlichen, sozialen und ökologischen Brüchen mit ihrer Umgebung bis hin zur Isolation dieser Gebiete innerhalb unserer Städte. An ihren Rändern treffen Industrie- und Gewerbegebiete und andere städtische Nutzungen und Nutzer*innen aufeinander, was vielfach zu eigenartigen Begegnungen, Kontrasten, Spannungen und sogar zu Konflikten führt. Urbane Industrie- und Gewerbegebiete sind für einen großen Teil der (menschlichen und nichtmenschlichen) Bewohner*innen praktisch „unsichtbar“, da sie schwer zugänglich sind und somit oft zu Barrieren im Stadtgefüge werden, die sowohl physisch als auch sozial trennen. Gleichzeitig können durch die unmittelbare räumliche Nähe dieser Koexistenzen aber auch neue, wechselseitige Beziehungen und Synergien entstehen.
Die Dissertation untersucht die räumlichen Phänomene und sozio-ökologischen Dynamiken urbaner Industrielandschaften in Bezug auf ihre angrenzende Umgebung und ihre städtische Einbettung. Es wird den Fragen nachgegangen, wie diese Räume mit ihrer Nachbarschaft interagieren, wie sie stadträumlich eingebunden sind, welche Potentiale in ihnen liegen und was wir daraus lernen können. Am Beispiel der Städte Wien und Brüssel werden exemplarische Industriegebiete mit „mixed methods“ untersucht, überlagert und, in Anlehnung an die Situationsanalyse (nach Adele E. Clarke), interpretiert. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf kartographischen und visuellen Forschungsmethoden. Durch die graphische Überlagerung des Datenmaterials entsteht eine vielschichtige Kartographie, die als intermediale, prozessuale und performative Praxis über die Konventionen der traditionellen Kartographie hinausgeht. Ziel ist es diese Stadträume nicht nur zu beschreiben, sondern sie in ihrer Tiefe zu erforschen, sie erfahrbar zu machen und die vorgefundenen Realitäten und kollektiven Erinnerungen zu dokumentieren und zu interpretieren.